veröffentlicht am 1. September 2021 in der Kategorie Ernährung für Erwachsene

BLICK AUF SARKOPENIE UND KOGNITIVEN ABBAU

>> Veränderungen der Ernährungsbedürfnisse im Alter: Auswirkungen auf den Gesundheitszustand – LG
>> Sarkopenie in der Praxis: Aktuelle Lücken im Ernährungsmanagement – JB
>> Ergebnisse von NUDAD – WF
>> Weltweites FINGERS-Programm: Prävention des kognitiven Abbaus durch Lebensstil-Intervention und Ernährung – MK

Weltweit findet eine demo­grafische Verschiebung in Richtung einer alternden Bevölkerung statt¹, insbesondere in den Industrieländern (JB). Daher ist es äußerst wichtig, einen gezielten Blick auf die Qualität dieser zusätzlichen Jahre zu werfen (LG).

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Häufige Nährstoffmängel im Alter betreffen Vitamin D, Vitamin B12 und Eiweiß. Sowohl der Alterungsprozess als auch Eiweißmangel erschweren den Muskelaufbau (anabole Resistenz), was mit der Zeit zu einem fortschreitenden Verlust von Muskelmasse führt (LG).

In einer klinischen Studie mit 62 gebrechlichen älteren Probanden (78 Jahre ± 1) führte ein längeres Widerstandstraining zu einer Zunahme der fettfreien Körpermasse in einer Gruppe, die täglich zweimal mit 15 g Protein supplementiert wurde, im Vergleich zu einer Placebogruppe ohne zusätzliches Protein.²

Empfehlungen von Arbeitsgruppen fordern deshalb eine höhere Proteinzufuhr bei älteren Erwachsenen. Allerdings sollte ein Augenmerk auf mehr pflanzliche Ernährung gelegt werden, um gleichzeitig die Umwelt durch eine nachhaltige Ernährung zu schützen (LG).

Sarkopenie ist mittlerweile als klinisch relevante Erkrankung anerkannt. Dennoch kann das Bewusstsein über sie bei einigen medizinischen Fachkräften noch verbessert werden. Die Europäische Arbeitsgruppe für Sarkopenie bei älteren Menschen (European Working Group on Sarcopenia in Older People, EWGSOP2)³ hat kürzlich ein überarbeitetes Konsensuspapier veröffentlicht, das eine schrittweise Anleitung zur Identifizierung von Sarkopenie in der klinischen Praxis vorschlägt. Die Beurteilung beinhaltet die Verwendung einfacher und validierter Messungen der Muskelkraft sowie funktioneller Tests (JB).

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Sobald Sarkopenie diagnostiziert wurde, spielt die optimierte Ernährung eine Schlüsselrolle in einer erfolgreichen Intervention. Da die Proteinzufuhr bei der warmen Hauptmahlzeit ausreichend zu sein scheint, hat sich ihre Erhöhung beim Frühstück und beim (kalten) Abendessen als effektiv zur Steigerung der Gesamtaufnahme erwiesen (JB).
Morbus Alzheimer zählt ebenfalls zu den kognitiven Störungen im Alter. Im laufenden NUDAD-Projekt (Nutrition, the Unrecognized Determinant in Alzheimer’s Disease; Ernährung, der unerkannte Faktor bei Alzheimer) wurden erste Zusammenhänge zwischen der Ernährung und kognitiven Parametern festgestellt, z.B. (WF):

  • mehr Gemüse -> bessere Kognition
  • mehr Fett und Salz -> mehr Depression
  • weniger Gemüse/mehr gesättigte Fettsäuren -> schlechteres Gedächtnis
  • niedrigerer Ernährungsstatus/höheres LDL-Cholesterin/weniger Uridin (essentieller Bestandteil für den Aufbau von Synapsen) -> Fortschreiten von leichten kognitiven Störungen (LKS) und Morbus Alzheimer

Es gibt mehrere beeinflussbare Risikofaktoren zur Vorbeugung von Demenz und Alzheimerkrankheit, wie z. B. Diabetes, Bluthochdruck und Fettleibigkeit, Rauchen und hoher Alkoholkonsum. Als aktive Schutzfaktoren gelten eine gesunde Ernährung, frühe Bildung, körperliche sowie geistige und soziale Aktivität (MK).
In einer prospektiven klinischen Studie ⁴, in der Souvenaid® – eine patentierte Nährstoffkombination (Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA, Vitamine B12, B6, C, E und Folsäure sowie Selen) zur Unterstützung der Synapsenbildung im Gehirn – verabreicht wurde, konnte das Gedächtnis bei Patienten mit Alzheimerkrankheit im Frühstadium positiv beeinflusst werden (WF).

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In einer multidisziplinären Lebensstil-Intervention (FINGER⁵) mit 1.260 Teilnehmern mit Risiko für kognitiven Abbau im Alter von 60 bis 77 Jahren führten Ernährung, körperliche und soziale Aktivität, kognitives Training sowie Blutdruckbehandlung zu signifikanten Verbesserungen der kognitiven Parameter und sogar darüber hinaus (z. B. verbesserte Funktionalität, Mobilität, Lebensqualität sowie weniger Gesundheitskosten und chronische Krankheiten) (MK).

Aufbauend auf FINGER untersuchen weitere Projekte (z. B. Worldwide FINGER, Euro-FINGERS, FINGER 2.0, MIND-AD) die Prävention von Morbus Alzheimer mit harmonisierten Forschungsmethoden, teilweise unter Einbeziehung pharmakologischer Interventionen (MK).

RECHTZEITIGES MANAGEMENT VON PATIENTEN MIT LEICHTEN KOGNITIVEN STÖRUNGEN UND FRÜHER ALZHEIMER-ERKRANKUNG

>> Die Herausforderung der Erkennung leichter kognitiver Störungen – JH
>> Der Umgang mit Patienten mit leichten kognitiven Störungen – BG

Die Messung des episodischen Gedächtnisses, der exekutiven Funktionen (z. B. planen und organisieren) und der Aufmerksamkeit erweisen sich als die wichtigsten kognitiven Funktionen für die praktische Erkennung des kognitiven Abbaus bei Patienten mit leichten kognitiven Störungen. Da die kognitive Leistung einer LKS-Population typischerweise zwischen gesunden Personen und Alzheimer-Populationen liegt, ist die LKS-Diagnose oft nicht einfach. Optimalerweise sollten die Patienten über einen längeren Zeitraum getestet werden (JH).

Für die kognitive Beurteilung stehen gängige Tools zur Verfügung, wie beispielsweise App-basierte Lösungen (THINC-it®), Papier- und Bleistift-Alternativen sowie Fragebögen (JH).

Die aktuelle COVID-19-Pandemie zeigt, dass „Long Covid“ zu kognitiven Folgeerscheinungen führt. Als positiv erwies sich hingegen, dass während der Pandemie die Akzeptanz der Telemedizin von 14 % auf 74 % gestiegen ist, und milde Alzheimer-Formen auch darüber diagnostizierbar sind (JH).

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Die klinische Perspektive von leichten kognitiven Störungen: Um aus klinischer Sicht optimal zu beraten, ist es wichtig, diejenigen Patienten zu identifizieren, die das höchste Demenz-Risiko haben. Dazu wurden eine Reihe von klinischen Risikofaktoren bestimmt (BG).

Weiterführende Informationen finden Sie hier.

Der Anteil an älteren Menschen steigt, und damit auch die gesundheitlichen Herausforderungen an die "zusätzlichen Jahre". Ein häufiges Problem stellt dabei Proteinmangel als Ursache der Sarkopenie dar. Eine europäische Arbeitsgruppe (EWGSOP2) hat kürzlich eine Anleitung zur Sarkopenie-Erkennung in der klinischen Praxis vorgeschlagen. Auch Morbus Alzheimer tritt im Alter vermehrt auf. Als aktive Schutzfaktoren gelten eine gesunde Ernährung, frühe Bildung sowie körperliche, geistige und soziale Aktivität. Weltweit arbeiten Mediziner an multidisziplinären Lebensstil-Interventionen (basierend auf „FINGER“) zur Verbesserung des kognitiven Abbaus. Für die kognitive Beurteilung in der Praxis stehen unterschiedliche Tools zur Verfügung, wie beispielsweise App-basierte Lösungen (THINC-it®), Papier- und Bleistift-Alternativen sowie Fragebögen.

Inhalte dieses Artikels stammen aus den Vorträgen zum Thema „Langfristige enterale Ernährung: Erkenntnisse von Patienten und Klinikern“ im Rahmen der Virtuellen Konferenz von Nutricia Global, die am 21. Mai 2021 stattgefunden hat. Diese Zusammenfassung wurde von Dr. oec. troph. Rainer C. Siewert verfasst. Weitere Informationen und Fortbildungsmöglichkeiten finden Sie auf der wissenschaftlichen Fortbildungsplattform „Danone Nutricia Campus“.

  1. WHO/UN, Population aging as a universal phenomenon, 2015
  2. Tieland M et al. Journal of the American Medical Directors Association 2012;13:713-9
  3. Cruz-Jentoft AJ et al. Age Ageing 2019;48:16-31.
  4. Soininen H et al. Alzheimers Dement 2021;17:29-40.
  5. Finnish Geriatric Intervention Study to Prevent Cognitive Impairment and Disability. Ngandu T et al. Lancet 2015;385:2255-63

(MK) Prof. Miia Kivipelto, Director of Research and Development Karolinska Institutet, NVS, Division of Clinical Geriatrics Karolinska University Hospital, Theme Aging, Finland

(JB) Prof. Jürgen Bauer, Medical Director Center for Geriatric Medicine & Director Network aging research at the University of Heidelberg, Germany

(LG) Prof. Lisette CPGM De Groot, PhD Professor Nutrition and Ageing, Division of Human Nutrition, Wageningen University, the Netherlands

(WF) Prof. Wiesje Van der Flier, Professor at Alzheimer Centre Amsterdam, Amsterdam UMC, Netherlands

(JH) Prof. John Harrison, Principal Consultant at Metis Cognition, Associate Professor at the Alzheimer Center, Vumc, Amsterdam & Visiting Professor at the Institute of Psychiatry, Psychology & Neuroscience at King’s College London, UK

(BG) Dr. Bernadette McGuinness, Consultant Geriatrician, Belfast Health & Social Care Trust and Senior Lecturer in Queen’s University Belfast, N.Ireland

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