veröffentlicht am 30. Juli 2019 in der Kategorie Ernährung für ErwachseneErnährung für Kinder

Das Reizdarmsyndrom ist eine funktionelle Darmerkrankung mit einer Prävalenz von 11% weltweit und somit einer der Hauptgründe für einen Besuch beim Gastroenterologen.

Die Diagnose wird entsprechend der Rom-Kriterien gestellt. Die Symptome sind vielfältig. Dazu gehören:

  • Chronische abdominelle Beschwerden (Schmerzen oder Blähungen)
  • Veränderungen der Stuhlgewohnheiten (Obstipation oder Diarrhoe)
  • Fatigue, depressive Verstimmungen, Fibromyalgie
  • Einhergehend mit einer stark eingeschränkten Lebensqualität.

Als Ursachen werden eine viszerale Hypersensitivität und Dysbiose der Darm-Mikrobiota diskutiert. Vor allem eine verringerte Vielfalt der Darmbakterien kann für die Beschwerden mitverantwortlich sein.

Die Symptome verstärken sich meist in Stresssituationen und sind zuweilen abhängig von der Nahrungsaufnahme und werden durch bestimmte Nahrungsmittel ausgelöst.

Eine Differentialdiagnostik sollte immer auch das Vorliegen einer Nahrungsmittelallergie, einer Kohlenhydratmalabsorption (Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption) mittels Atemtests, sowie einer Getreideunverträglichkeit einschließen.

Was versteht man unter FODMAP?

FODMAP ist die Abkürzung für „fermentable oligosaccharides, monosaccharides, disaccharides and polyols“. Bei dieser Diät verzichtet der Patient auf diese Substanzen, wie Laktose und Fruktose (enthalten z. B. in Früchten, Fruktosesirup, Honig), sowie Fruktane (z. B. in Weizen, Knoblauch, Zwiebeln, Inulin) und Galaktane (z. B. in Gemüse wie Bohnen, Linsen, Sojabohnen) sowie Polyole wie Sorbitol, Isomaltit, Laktit und Xylit, die häufig in zuckerfreien oder zuckerreduzierten Produkten vorkommen. Sorbitol findet sich ebenfalls in Birnen, Avocado, Aprikosen und Kirschen.

Diese Stoffe führen klinisch zu einem vermehrten Wassereinstrom und Gasbildung und somit einer Volumenzunahme im Darm und können so Beschwerden eines Reizdarms verursachen.

Daher ist das Ziel der FODMAP-armen Diät der Verzicht auf diese Nahrungsmittel, zunächst für einen definierten Zeitraum von einigen Wochen.

Gleichzeitig verändert eine FODMAP-armen Diät allerdings das Darm-Mikrobiom, da nur wenig präbiotisch wirksame Substanzen in dieser Ernährungsform enthalten sind. Dies könnte eine Dysbiose verstärken.

Zur Durchführung einer FODMAP-armen Diät ist aufgrund ihrer Komplexität eine Ernährungsberatung sinnvoll.

Was sagen die Daten?

In aktuellen Studien konnten positive Ergebnisse bezüglich der abdominellen Reizdarmsymptome unter FODMAP-Diät bei Erwachsenen nachgewiesen werden. Die positiven Ergebnisse konnten verstärkt werden, wenn zusätzlich Bifidobakterien gegeben wurden.

FODMAP in der Pädiatrie?

Auch Kinder können von einem Reizdarm betroffen sein, wenngleich es bei ihnen besonders wichtig ist, vorab eine umfangreiche Diagnostik durchzuführen. Dazu gehören nach der momentan gültigen Leitlinie: großes Blutbild, Gesamt-IgA, Bilirubin, GPT, Gewebstransglutaminase IgA, Urinstatus, Stuhl auf Lamblien und Parasiten sowie die Bestimmung eines fäkalen Infammationsmarkers wie Calprotectin oder Laktoferrin.

Ziel ist es Nahrungsmittelallergien, Zöliakie oder eine entzündliche Darmerkrankung differentialdiagnostisch auszuschließen.

Die Studienlage über den Einsatz von FODMAP in der Pädiatrie ist dünn und kontrovers, daher wird diese von den Experten der Kindergastroenterologie abgelehnt.

Alternativ sollte zunächst ein Versuch mit einer Fruktose-armen Diät ausprobiert werden. Häufig verzehren Kinder hohe Mengen an Fruktose über Obst oder Saftschorlen. Eine einfache Ernährungsintervention mit einer Reduktion der Fruktosemenge konnte in einer Untersuchung bei vielen Kindern zu einer Reduktion der Beschwerden führen. Daher ist dies der erste Schritt bei funktionalen Bauchschmerzen im Kindes- und Jugendalter, wenn andere Ursachen ausgeschlossen werden konnten.

Atemtests (Fruktose und Laktose) können die weitere Abklärung unterstützen.

Risiken einer FODMAP -armen Diät?

Die Durchführung einer FODMAP-arme Diät stellt eine große Herausforderung für den Alltag betroffener Familien und Patienten dar. Darüber hinaus besteht bei dieser einseitigen Ernährungsform mit Verzicht auf eine Vielzahl von Lebensmittel das Risiko für einen Nährstoffmangel, vor allem bei einer längerfristigen Durchführung und im Kindesalter.

Diese Form der Diät führt mitunter zu einer stark eingeschränkten Lebensqualität, da der Verzicht der verschiedenen Lebensmittel in der Praxis schwer durchführbar ist und ein gemeinsames Familienessen oftmals unmöglich macht.

Die Darm-Mikrobiota wird durch diese Diätform ungünstig beeinflusst, da Präbiotika in der Ernährung drastisch reduziert sind, – mit weitreichenden negativen Konsequenzen auf die Darm-Mikrobiota und somit langfristig auf den Gesundheitszustand des Patienten.

Sinnvoll erscheint es daher bei funktionellen Bauchschmerzen zunächst eine individuelle schrittweise Austestung von Nahrungsmitteln vorzunehmen. Dabei wird empfohlen, die Mahlzeitenzusammensetzung, die Mahlzeitengröße und – frequenz zu berücksichtigen.

Zusätzlich ist neben einer guten Ernährungsberatung vor allem eine begleitende Beratung zu körperlicher Aktivität empfehlenswert.

Mehrere Studien konnten einen positiven Effekt durch eine regelmäßige moderate körperliche Aktivität auf die Beschwerden des Reizdarmsyndroms nachweisen.

Gut geeignete Betätigungen sind Yoga, Spazierengehen, Fahrradfahren und Schwimmen (z. B. 3 × 30 Minuten/Woche).

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