Wofür braucht der Körper Eisen?

Eisen zählt zu den essenziellen Spurenelementen und ist somit für jede Person, egal ob klein oder groß, lebensnotwendig1. Es ist an wichtigen Prozessen im menschlichen Körper beteiligt: Im roten Blutfarbstoff Hämoglobin wird es an Erythrozyten gebunden, um Sauerstoff zu transportieren und den Körper ausreichend damit versorgen zu können2. Auch im Muskelprotein Myoglobin ist es vorhanden und sorgt dafür, dass Muskeln und Organe zuverlässig arbeiten können. Das Spurenelement ist an zahlreichen weiteren biochemischen und physiologischen Vorgängen beteiligt, auch auf die geistige Entwicklung kann es Einfluss haben. Obwohl Eisen in vielen Lebensmitteln wie Fleisch, Hülsenfrüchten und auch einigen Gemüsesorten enthalten ist, werden in Deutschland die Zufuhrempfehlungen von keiner Altersgruppe bis ins Rentenalter erreicht3. Eine repräsentative Verzehrsstudie bei Säuglingen und Kleinkindern in Deutschland (VELS) kam zu ähnlichen Ergebnissen: Im Alter von 0 bis 4 Jahren wurde nur etwa 80 % der empfohlenen Eisenzufuhr erreicht1. Dennoch tritt eine schwere Eisenmangelanämie in Deutschland nur in sehr wenigen Fällen auf 3.

Warum hat eine gesicherte Eisenaufnahme vor allem im Säuglings- und Kleinkindalter große Bedeutung?

In den ersten beiden Lebensjahren reicht die Eisenzufuhr für die schnelle Vermehrung der Körpermasse oft nicht aus4.

Wegen des Eisenbedarfs des Gehirns im Wachstum ist eine ausreichende Versorgung in der Kindheit von großer Bedeutung. Ein Neugeborenes bringt aufgrund des hohen Hämoglobingehalts im fetalen Blut und der Eisenaufnahme über die Plazenta bereits seinen eigenen Eisenspeicher mit. Nach den ersten sechs Lebensmonaten sind die endogenen Eisenspeicher aufgebraucht und der relative Eisenbedarf aus externen Quellen steigt auf ein Maximum an. Eine eisenreiche Beikost besonders ab dem 2. Lebenshalbjahr ist daher sehr entscheidend.5

Ursachen für Eisenmangel bei Säuglingen und Kleinkindern

Die Ursachen für einen Eisenmangel bei Säuglingen können vielfältiger Art sein. Bereits während der Schwangerschaft kann es zu einer Verringerung der neonatalen Eisenspeicher kommen, sofern die Mutter einen hohen Eisenmangel aufweist2.

Auch wenn die Muttermilch in den ersten Lebensmonaten weiterhin die beste  Nahrungsquelle bleibt, ist der Eisengehalt der Muttermilch von Natur aus gering, ein Eisenmangel im frühen Kindesalter ist demnach keine Seltenheit. Im Rahmen der DINO Studie (Dortmund Intervention Trial for Optimization of Infant Nutrition) wurde der Eisenstatus von 76 Kindern 4, 7 und 10 Monate nach der Geburt bestimmt. Die Studie zeigt, dass Kinder, die im gesamten ersten Lebenshalbjahr voll gestillt wurden, im zweiten Lebenshalbjahr häufiger ein Eisendefizit aufweisen. Hier wurde der Ferritingehalt im Blut ermittelt6. Ein überdurchschnittlich hoher, früher Eisenmangel kann dann im Verlauf des Lebens zu neurologischen und kognitiven Defiziten führen, die möglicherweise nicht reversibel sind7.

Eine weitere Studie konnte zeigen, dass Muttermilch von Frauen, welche unter einer schweren Eisenmangelanämie leiden, einen signifikant geringeren Eisengehalt aufweist als normalerweise üblich. Bei Frauen, welche einen moderaten Eisenmangel haben, war dies nicht der Fall. Allerdings ist hier zu beachten, dass Anämien während der Schwangerschaft vor allem in Entwicklungsländern auftreten – in Deutschland handelt es sich meist um einen moderaten Eisenmangel.8

Eine eisenarme Ernährung im 2. Lebenshalbjahr und damit eine unzureichende Eisenzufuhr kann zu einem Eisenmangel beim Baby führen. Vor allem Säuglinge, welche sehr lange ohne zusätzliche Eisenergänzung gestillt werden oder Babys, welche vegan ernährt werden, weisen einen Eisenmangel auf.2 Nach dem Ernährungsplan für das erste Lebensjahr des Forschungsinstituts für Kinderernährung (FKE) kann der steigende Bedarf im 2. Lebenshalbjahr nur zu 54 % aus der Beikost gedeckt werden9. Daher ist die Einführung eisenreicher Beikost ab dem 6. Lebensmonat wichtig. Als erster Brei sollte der Kartoffel-Fleisch-Brei eingeführt werden. Eine vegetarische Ernährung mit eisenreichem Getreide ist möglich. Auch Folgenahrungen, die in ihrer Zusammensetzung ähnlich den Anfangsnahrungen sind, jedoch einen höheren Eisengehalt aufweisen, können im 2. Lebenshalbjahr sinnvoll sein, um die Eisenversorgung zu verbessern.10, 11

Symptome eines Eisenmangels bei Babys:

In den meisten Fällen verläuft eine Eisenmangelanämie asymptomatisch. Lethargie, vermehrte Müdigkeit, Tachykardie und Appetitlosigkeit können aber Folgen eines anämischen Zustands sein.2

Besonders relevant sind Beeinträchtigungen der psychomotorischen und geistigen Entwicklung bei Kindern mit Eisenmangel. Eisen spielt hier eine entscheidende Rolle für die Funktion von verschiedenen Enzymen im Nervengewebe und ist somit verantwortlich für neurokognitive Defizite.6

Des Weiteren weisen verschiedene Forschungsergebnisse darauf hin, dass Eisen unterschiedliche Auswirkungen auf die Infektionsanfälligkeit haben kann. Eisenmangel kann Einfluss auf die Lymphozytenfunktion nehmen, wodurch die Anfälligkeit für Infektionen erhöht wird.12-15

Studie: Eisenmangel bei Säuglingen kann möglicherweise langanhaltende Folgen bis ins Jugendalter hinein haben

Die Wissenschaftlerin Jenalee Doom und ihr Forschungsteam untersuchten 1.657 Säuglinge vom ersten Lebensjahr bis ins Jugendalter, um die Langzeiteffekte von Eisenmangel auf das soziale Verhalten und die Psyche der Heranwachsenden zu untersuchen.

Es zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen Kindern mit einem Eisenmangel oder Eisenmangelanämie zwischen dem 12. und 18. Lebensmonat und Kindern ohne Eisenmangel. Symptome von sozialem Problemverhalten wie posttraumatischen Belastungsstörungen, ADHS und Aggressionen traten nach Beobachtung der Eltern in erheblich höherer Intensität bei Kindern auf, die unter Eisenmangel oder Eisenmangelanämie litten. Dabei spielte es keine Rolle, ob lediglich ein Mangel oder eine Anämie vorlag – laut Autoren besorgniserregend, da ein Mangel allein üblicherweise selten festgestellt und behandelt wird.

Kinder, die im Säuglingsalter Eisensupplemente erhielten, zeigten ein weniger auffälliges Verhalten als Kinder, die keine Supplemente bekamen. Viele andere untersuchten Parameter veränderten sich durch die zusätzliche Gabe von Eisen allerdings nicht signifikant.

Die Ergebnisse geben Hinweise auf die Ausprägung bestimmter Anzeichen, sind allerdings nicht als gesicherte Diagnosen zu verstehen und beruhen ausschließlich auf den Einschätzungen der befragten Eltern und Kinder.7

Wie kann man bei vegetarischer/veganer Ernährung während der Schwangerschaft für einen ausreichenden Eisenbedarf sorgen?

Eine vegetarische oder vegane Ernährung ist in den westlichen Ländern immer beliebter geworden, allein in Deutschland ernähren sich schätzungsweise rund acht Millionen Menschen vegetarisch16. Obwohl sich Fachgesellschaften für eine pflanzenbetonte Ernährung aussprechen, raten sie von einer rein veganen Ernährung während der Schwangerschaft auf Grund eines zu hohen Risikos für einen Nährstoffmangel ab17. Eine vegetarische Ernährung während der Schwangerschaft wiederum sei laut DGE möglich. Eisen gehört neben Folsäure und Jod zu den kritischen Nährstoffen einer vegetarischen Ernährungsform, daher tritt immer häufiger die Frage auf, welche Folgen es bei Säuglingen haben kann, wenn sich die Mutter für eine pflanzliche Ernährung entscheidet. Die Eisenspeicher des Neugeborenen werden während der Schwangerschaft auf Kosten der Speicher der Mutter angelegt, aus diesem Grund ist auf eine ausreichende Eisenversorgung während der Schwangerschaft und Stillzeit der Mütter zu achten. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt während der Schwangerschaft und Stillzeit eine tägliche Eisenaufnahme von 30 mg, das Doppelte im Vergleich zu nicht schwangeren Frauen.3

Eisenreiche pflanzliche Lebensmittel wie Getreideprodukte aus Vollkorn, Gemüsearten wie Spinat, Erbsen, Fenchel, Mangold, Schwarzwurzeln sowie Hülsenfrüchte sollten in die Ernährung integriert werden. Eine Verbesserung der Eisenaufnahme gelingt, wenn zu eisenreichen pflanzlichen Lebensmitteln (z. B. Hirse, Roggen, Blattgemüse, Bohnen, Linsen) immer ein Vitamin C-reiches Lebensmittel (z.B. Orangensaft), verzehrt wird.

Auch wenn von der Entscheidung zu einer vegetarischen Diät während der Schwangerschaft- und Stillzeit nicht abgeraten wird, wird auf eine ausreichende Eisenversorgung hingewiesen9. Nicht nur das Wohlbefinden der Mutter, sondern auch eine optimale Gesundheit des Kindes muss sichergestellt sein. Besonders Muttermilch spielt hier eine entscheidende Rolle und ist während der ersten Lebensmonate, besonders wegen der Nährstoffzufuhr die beste Nahrung für den Säugling. Ist Stillen nicht möglich kann durch Verwendung von konventioneller, industriell hergestellter Säuglingsnahrung in den ersten Monaten eine ausreichende Nährstoffzufuhr auch in Bezug auf Eisen sichergestellt werden.

Quellen

  1. Kersting M, et al. (2003).
  2. Günther K, (2021): Biochemie des Eisens, Springer Berlin Heidelberg. Berlin, Heidelberg.
  3. DGE, 14. DGE-Ernährungsbericht, 1. Auflage ed & 2020. Available from: https://www.dge.de/uploads/media/Pressemappe-14-DGE-Ernaehrungsbericht.pdf
  4. DACH-Referenzwerte http://www.sge-ssn.ch/grundlagen/lebensmittel-und-naehrstoffe/naehrstoffempfehlungen/dachreferenzwerte/ [Internet]. Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE.
  5. Agostoni C, et al. (2008) Journal of pediatric gastroenterology and nutrition 46, 99-110.
  6. Subramaniam G, et al. (2015) Indian J Pediatr 82, 558-64.
  7. Doom JR, et al. (2018) J Pediatr 195, 199-205.e2.
  8. Kumar A, et al. (2008) Pediatrics 121, e673-7.
  9. Alexy U (2007).
  10. Koletzko B, Bauer, C., Cierpka, M. et al. (2016) Monatsschr Kinderheilkd 164.
  11. Prell C, et al. (2016) Dtsch Arztebl International 113, 435-44.
  12. Thibault H, et al. (1993) Eur J Pediatr 152, 120-4.
  13. Galan P, et al. (1992) Biol Trace Elem Res 32, 421-6.
  14. Ekiz C, et al. (2005) Hematol J 5, 579-83.
  15. Gera T, et al. (2002) Bmj 325, 1142.
  16. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2020,& 2020.
  17. Zalewski BM, et al. (2015) Crit Rev Food Sci Nutr epub, epub.