Kennzeichnend für den Stoffwechsel des kritisch Kranken ist ein Ablauf in Phasen, in Abhängigkeit vom Schweregrad der Homöostasestörung. Zunächst setzt der Körper alles daran, die körpereigenen Energiereserven zu mobilisieren, um den Körper mit Energieträgern und Strukturbausteinen zu versorgen. Dieser Selbsterhaltungsmechanismus ist relativ einheitlich und kann von außen quasi nicht beeinflusst werden. Später gilt es, die leeren Energiereserven wieder zu füllen und die Eiweißlücke zu schließen.
Zu früh zu viel oder zu spät zu wenig sollte vermieden werden!
Regeln für die enterale Ernährung kritisch kranker Intensivpatienten*
Frühzeitige Ernährungstherapie innerhalb von 24h
Patienten, die in der frühen Akutphase (ca. 1-3 Tage) voraussichtlich keine bedarfsdeckende orale Ernährung erreichen, sollten eine klinische Ernährungstherapie innerhalb von ca. 24h nach Aufnahme erhalten.
Enteral ist die erste Wahl
Sofern keine Kontraindikation vorliegt sollte in allen Krankheitsphasen bei nicht ausreichender oraler Ernährung die enterale Ernährung bevorzugt eingesetzt werden.
Parenterale Ernährung nur ergänzend
Parenteral sollte erst dann zum Einsatz kommen, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, die enterale Ernährung zu maximieren. Eine kombinierte EE/TPE sollte durchgeführt werden, wenn das an die Phase der Erkrankung und an die metabolische Toleranz angepasste Kalorien- und Nährstoffziel nicht durch die EE erreicht werden kann sowie bei vorbestehender Mangelernährung.
Bedarfsadaptiert steigern
Langsamer Beginn der enteralen Ernährung mit 10-20 ml/h (Darmzottenernährung), Steigerung der Zufuhrrate individuell nach gastrointestinaler Verträglichkeit
Ausreichend Eiweiß
Ernährung ist mehr als Energie: Bei Intensivpatienten sollte früh auf eine adäquate Eiweißversorgung geachtet werden
Gastral vor jejunal
Der gastrale Zugang sollte bevorzugt werden. Bei Patienten mit hohem Aspirationsrisiko kann die jejunale Ernährung sinnvoll sein.
Kontinuierlich oder Bolus?
Zwar kann bei gastraler Applikation die Sondennahrung sowohl kontinuierlich als auch per Bolus gegeben werden, dennoch wird meist empfohlen, die kontinuierliche Ernährung der einer Bolusernährung vorzuziehen. Bei Applikation in den Dünndarm soll die Sondennahrung kontinuierlich über eine Ernährungspumpe verabreicht werden.
Ernährung ohne Pause
Die enterale Ernährung kann ohne Berücksichtigung des Tag-Nacht-Rhythmus über 24 h durchgeführt werden, ohne nächtliche Nahrungspausen.
Keine Immunonutrition
Immunmodulierende enterale Nährlösungen sollten bei kritisch Kranken nicht eingesetzt werden. Enterale Ernährung mit Omega-3-Fettsäuren innerhalb der üblichen Nährstoffempfehlung kann verabreicht werden, aber eine zusätzliche Anreicherung mit hohen Dosen an Omega-3-Fettsäuren sollte nicht routinemäßig gegeben werden.
Nicht-nutritive Kalorien mitzählen
Das Sedierungsmittel Propofol ist in einer Fettemulsion gelöst und liefert eine nicht unwesentliche Menge an Kalorien, welche laut einer Studie bei etwa 17% der Gesamtkalorienzufuhr liegt.
* Diese Empfehlungen sind abgeleitet von den aktuellen DGEM- sowie ESPEN-Leitlinien „Klinische Ernährung in der Intensivmedizin“
Regeln zur Ernährung des kritisch Kranken
PDF, 86 KB
Unsere Sondennahrungs-Empfehlungen für kritisch kranke Intensivpatienten auf einen Blick
PDF, 190 KB